Gefahrene Kilometer: 441
Koordinaten: N 33°57’51.4“ E 051°29’04.8“
Unsere Nacht in der Wüste entsprach so gar nicht den gängigen Vorstellungen. Einige Jugendliche bleiben bis in die Nacht an der Wasserstelle, lassen Neujahrsraketen steigen und machen Lärm. Der Wind entwickelt sich eher zum Sturm und der Himmel ist bedeckt, so dass auch nicht daran zu denken ist, den sagenumwobenen Sternenhimmel zu betrachten. In der Nacht fängt es sogar an zu regnen, hört aber immer wieder auf. Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen und fahren in den Ort, weil der Weg möglicherweise bei stärkerem Regen sehr schlammig wird. Das hat sich dann auch als richtig erwiesen, denn während wir diskutieren, wie unsere Reise weitergehen soll, regnet es sich so richtig ein. Auf dem Weg zurück nach Anarak bekommen wir eine Ahnung darüber, was der Spruch bedeutet: „Es sind schon mehr Leute in der Wüste ertrunken, als verdurstet.“ Immer wieder wird die Straße von Sturzbächen überflutet, was uns mit diesem Fahrzeug nichts ausmacht. Die kleinen PkWs haben es da schon schwerer.
Heute Morgen haben wir nach langer Diskussion beschlossen, nicht weiter in den Süden und den Oman zu reisen. Für mich wird immer klarer, dass mir die Distanz zur Heimat, die jetzt schon bei immerhin knapp 5000 km liegt, einfach zu groß ist. Ich habe noch selten solches Heimweh gehabt und wenn ich daran denke, dass Dieter irgendwie fahrunfähig wird, dann wird es mir himmelangst. Wer in diesem Land Auto fahren will, braucht Nerven wie Drahtseile und eine hundertprozentige Konzentration benötigt nicht nur der Fahrer sondern auch der Beifahrer. Für Dieter ist mit dieser Entscheidung ein Traum geplatzt, nämlich mit dem eigenen Auto in den Oman zu fahren und vor allem mal etwas mehr Sonne und Wärme zu bekommen. Ich aber bin erleichtert. Und während jeder von uns noch seinen Gedanken über diese Entscheidung nachhängt, kommt von Uwe die Nachricht, dass Saudi Arabien seit zwei Tagen den Jemen bekämpft, der vom Iran unterstützt wird. Unsere Entscheidung, allmählich den Rückweg anzutreten, konnte somit richtiger nicht getroffen werden. Mich entlastet es ungemein, weil ich mich nicht mehr als „Spielverderber“ fühlen muss.
In etwas gelösterer Stimmung kommen wir wieder zu unserem Parkplatz in Chupanan. Dort treffen wir auf eine iranische Familie, die ausnahmsweise mal keinen Brocken Englisch spricht, uns aber mit Gebäck, Orangen und Wasser versorgt. Es beschämt uns, wenn wir daran denken, wie wir ausgestattet sind und mit wie wenig sich die Iraner zufrieden geben. Auf dem Dach ihrer Autos wird alles nötige transportiert: der Teppich, ein Gaskocher, Gläser, etwas Geschirr, vielleicht noch ein Zelt. Der Teppich wird irgendwo auf dem Asphalt oder neben der Autobahn ausgebreitet und dann wird gegessen. Manchmal wird auf diese Weise sogar richtig gekocht.
Hinter Anarak folgen wir einer schmalen Straße nach Zavareh. Kilometerlang führt sie kerzengerade durch eine karge Landschaft. Viel Gegenverkehr sollten wir nicht bekommen! Zum Glück bleibt es bei nur einigen Autos und als der Verkehr zunimmt, wird auch die Straße wieder breiter. Von Zavareh aus fahren wir weiter über die Autobahn nach Kashan. An einem völlig überfüllten Rastplatz können wir tanken und uns mit Bier eindecken. Dann geht es weiter dem Sonnenuntergang entgegen. Kurz vor dem Ort gibt es eine Mautstelle, durch die wir jedoch wieder einmal freundlich durchgewunken werden. Und gerade noch rechtzeitig vor dem Dunkelwerden erreichen wir am Stadtrand einen Park. Hier campen die Iraner und haben Wasser und Toiletten zur Verfügung. Wir stellen uns einfach dazu. Heute ist der Himmel klar, aber die Beleuchtung verhindert, dass wir den Sternenhimmel betrachten können. Schade!
Dieter bei Reparaturarbeiten an der unteren Schublade. Durch die holprigen Straßen öffnet sie sich während der Fahrt, obwohl der Verschluss zu ist.