Freitag, 05.04.2019
Wild entschlossen, der Kälte zu entfliehen, beschließen wir am Donnerstagmorgen, unsere Reise nach Tunesien noch am selben Tag anzutreten. Etwas übereilt, wie ich fand, aber einen Termin für die Überfahrt mit der Fähre gab es für Samstag und dann erst wieder für Mittwoch. So lange wollten wir nicht warten, also buchen wir die Fähre für Samstag. Die Buchung über aFerry ging ziemlich zügig. Mittagessen, ein ganz neues Auto einräumen und der Wille, es auf jeden Fall noch bis zur Grenze Österreich zu schaffen, um die GoBox umschreiben zu lassen, bringen uns auf Trab. Die letzte Hürde ist der Heizungstest. Dieter hat es geschafft, den Dieseltank einzubauen, der erst am Morgen endlich eingetroffen ist und nun kommt der Test. Und der zieht sich hin. Die Heizung will einfach nicht starten. Ziemlich verzweifelt versuchen wir es ein ums andere Mal und endlich startet sie. Und so kommen wir schließlich kurz nach 17 Uhr los.
Was wir alles nicht bedacht haben wird uns später einfallen. Das erste Ungemach ist das defekte Kabel meines Handys. Ich kann es nicht mehr laden. Da aber einige wichtige Apps darauf installiert sind, brauchten wir unbedingt ein neues.
Wir erreichen Bregenz im Schneetreiben und lassen problemlos die GoBox umschreiben. Ein passendes Kabel finden wir auch. Jetzt noch einen Schlafplatz finden, und dann ist die erste Etappe geschafft. Kein Problem, denken wir, wir haben die App „park4night“ mit vielen Vorschlägen zum übernachten. Leider allesamt für die Katz, bis wir schließlich bei anhaltendem Schneetreiben selbst etwas finden in einem Wohngebiet. Nach ruhiger Nacht geht es weiter bis in die Schweiz, wo wir unser Formular für die Schwerverkehrsabgabe aktualisieren müssen. Das ist nicht damit getan, dass das Fahrzeug-Kennzeichen geändert wird. Entweder 30 Fränkli für die Änderung oder 32,50 für ein neues Formular. Das gilt dann auch wieder für ein Jahr. Also keine Frage. Jetzt sind alle bürokratischen Hürden genommen und wir können endlich die Reise antreten, hinein in die schneebedeckten Alpen. Es wird immer kälter, aber die Straßen sind schneefrei. Was wollen wir mehr!
Nach dem San Bernadino Tunnel – die Temperatur steigt allmählich – machen wir unsere erste Kaffeepause. Später finden wir einen Supermarkt und kaufen ein...
Jetzt stehen wir auf einem Platz inmitten von Sportanlagen in Novi Ligure. Hier bleiben wir, essen zu Abend und machen noch einen Spaziergang ins Städtle. Dort kaufen wir einige der in der Eile vergessenen Dinge wie Sonnencreme, Zwiebeln, Kartoffeln....
Morgen um 15 Uhr geht die Fähre. Wir haben noch ca. 100 km vor uns und deshalb ist jetzt erst mal Entspannung angesagt!
Samstag, 06.04.2019
Wir erreichen Genua problemlos über eine Umleitung, die wegen Bauarbeiten an der eingestürzten Brücke eingerichtet wurde. Schon gegen 11 Uhr stehen wir am Hafen. Der Check-in gestaltet sich recht einfach und gegen eine Gebühr von 6,50 € pro Person erhalten wir unsere Unterlagen. Nun noch bei der Polizei die Pässe und die „Eintrittskarte“ vorlegen und schon sind wir fertig zum Einschiffen. Wir schaffen es gerade noch, die gestern gekaufte Pesto-Lasagne heiß zu machen und zu essen und schon können wir schon auf die Fähre fahren. Wir beziehen unsere Suite und Dieter entdeckt gleich, dass das Bett kaputt ist. Er meldet den Schaden und wir bekommen eine neue Kabine zugewiesen, die etwas mehr in der Mitte liegt und damit nicht so anfällig für den Seegang ist. Falls es überhaupt einen nennenswerten gibt.
Wir treffen zwei Tunesier, die in Deutschland arbeiten und nun in ihrer Heimat Urlaub machen wollen.
Mit einer halben Stunde Verspätung kommen wir los. Aber nicht etwa, weil die Fähre nicht pünktlich abfahrbereit war, sondern weil einige Passagiere zu spät kamen und nicht blicken, wie der Check-in von statten geht. In einigen Autos saßen Frau und Kinder während der Mann beim Check-in war. Das funktioniert aber nicht so. Bei der Polizeikontrolle müssen alle anwesend sein. Und so mussten die Männer den Rest der Familie nachholen, was zu Verzögerungen führte. Zum Glück für all diejenigen, die sich so verhielten, wurde aber gewartet bis alle abgefertigt und zurück an der Fähre waren, sodass niemand zurückgelassen wurde.
So eine große Kabine hat schon was. Wir sitzen hier. Dieter hat unsere neuen Funkgeräte eingerichtet und ich kann schreiben. Das ist angenehmer als in den Aufenthaltsräumen der Fähre. Wir sind gespannt, ob sich die Einreiseformalitäten etwas einfacher gestalten als bei der Überfahrt vor 21 Jahren. Damals mussten wir ständig irgendwo anstehen und etwas erledigen, so dass wir unsere damalige Luxuskabine gar nicht richtig genießen konnten.
Dieses Mal scheint es geruhsamer abzulaufen, weil wir mit einer italienischen Fähre fahren. Kein Schlange stehen usw. Statt dessen haben wir gemütlich gegessen. Na ja, bis wir geblickt haben, wie es funktioniert, wenn man das Essen bucht, um 40 % zu sparen. Der Coupon, der beim Check-in ausgehändigt wird, muss nämlich zuvor an der Rezeption vorgelegt werden. Dort bekommt man einen Coupon mit Barcode und Info, welche Menüteile vorgesehen sind. Das gewählte Essen wird an der Kasse eingegeben, der Barcode eingescannt und, na ja den Wein müssen wir zahlen. Frühstück und Mittagessen morgen sind auch noch drin.
Sonntag, 07.04.2019
Die Überfahrt in der Nacht war ruhig, jetzt schaukelt die Fähre ein bisschen, aber es ist gut zu ertragen. Auch hier muss ein Fiche ausgefüllt werden, das wir an der Rezeption erhalten. Wo wir es zeigen müssen, ist uns noch nicht klar.
Allmählich wird immer deutlicher, dass die Vorbereitung in ein Land wie Tunesien etwas gründlicher hätte sein können. Vor allem was die Offline-Nutzung der Apps angeht! Na ja, vor 20 Jahren hatten wir weder ein Handy, noch einen PC. Nur – und das war ausgesprochen sensationell – ein Garmin Navigationsgerät, dessen Bedienung ich mir mühselig angeeignet habe. Lange vor der Fahrt. Was wusste ich schon von Koordinaten, von Grad, Minuten und Sekunden in diesem Zusammenhang!
Während der Wartezeit zum Ausschiffen machen wir Bekanntschaft mit verschiedenen Leuten. Alle sprechen uns auf unseren Iveco an. Ein in Deutschland arbeitender Tunesier und eine Gruppe von bayrischen Motorradfahrern. Dann beginnt die Einreiseprozedur, die inzwischen doch etwas schneller von statten geht als bei unserem ersten Mal. Und wir sind inzwischen etwas routinierter und wimmeln die "freundlichen Helfer" einigermaßen erfolgreich ab. Nachdem wir den Hafen verlassen haben suchen wir zu allererst nach einer Bank. Aber heute ist Sonntag und deshalb gestaltet es sich nicht ganz so einfach. Wir heben mit unserer Bankkarte eine kleine Summe Dinare ab und fahren aus La Goulette hinaus. Und da gibt es auch eine geöffnete Wechselstube. Wir tauschen 600 Euro und bekommen 2 Schlüsselanhänger gratis. Ich fluche wegen der schlechten Vorbereitung, finde aber gerade noch die Route über die Offline-Here-Karten. Und so erreichen wir einen von Dieter ausgewählten Platz am Meer, 5 km entfernt von Kalaat El Andalous. Ein wunderschöner Strand und weit und breit nur wenige Angler. Wir bleiben hier und stehen im Regen und Wind. Die Angler sind inzwischen abgefahren und wir sehen im Dunkeln die „Skyline“ der umliegenden Dörfer. Auf dem Weg hier her bin ich wieder einmal überwältigt vom Zustand der Dörfer und der Straßen. Alles in außerordentlich desolatem Zustand. Wir fahren über eine im Aufbau befindliche Straße. Nichts ist fertig, aber rechts und links sind die Lampen schon installiert. Völlig unsinnig wird hier Geld verballert, das an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt worden wäre.
Inzwischen haben wir das Wetter, das wir so gerne hinter uns gelassen hätten, Regen und Wind.
Montag, 08.04.2019
Die Nacht war durchgehend regnerisch und stürmisch. Als wir aufwachen, hat der Regen zwar nachgelassen aber nur kurzfristig. Heute wollen wir zuerst eine Sim-Karte kaufen, damit wir wieder Internet haben. In Zoulabuine, einem Ort noch vor Bizerte, finden wir einen shop. Carte sim ist das Zauberwort und die junge Frau füllt ein Formular aus, kopiert meinen Pass und händigt mir für ein paar Dinar die Karte aus und meinte, jetzt würde sie funktionieren. Tat sie aber nicht. Es musste erst ein Guthaben aufgeladen werden. Dabei war mir Karim behilflich. Und dann funktioniert alles einwandfrei. Dieter kann mit seinem Handy ins Internet. Das schärfste aber ist, dass ich in der Lage bin, mein Handy über Tethering mit seinem zu verbinden. Nun habe auch ich die Möglichkeit, whatsapp-Nachrichten zu verschicken usw.
Nachdem wir uns mit Brot versorgt haben, geht es weiter. An den Straßen gibt es viele Obst- und Gemüsestände, Hauptsächlich werden Artischocken und Erbsen angeboten. Aber wir sehen auch kunstvoll aufgebaute Auslagen mit Zitronen und Orangen. Da wir noch einige Vorräte haben, verzichten wir auf weitere Einkäufe. Morgen sollten wir jedoch vor allem Obst und Gemüse kaufen, bevor wir in den Süden fahren.
Wir fahren bis Dougga. Dort befindet sich eine Ausgrabungsstätte. Ihren Ursprung hat sie 208-149 v.Chr. Erst 46 v.Chr. wurde Tukka (=steiler Fels) römisch. Wir gönnen uns einen Führer, der uralt ist, und uns auf deutsch und französisch die wichtigsten Dinge erklärt und immer wieder auf schöne Fotomotive hinweist. Nachdem wir unseren Rundgang beendet haben, stellen wir uns auf einen Parkplatz vor der Ausgrabungsstätte. Wir haben reichlich Zeit Fotos auf den PC zu laden und nach weiteren Zielen Ausschau zu halten. Was mir partout nicht gelingen will ist, das Navigationsgerät mit der quovadis-software in Gang zu bringen. Aber wir haben auch nicht, wie für Marokko, spezielle Karten bzw. Touren geladen. Während wir so beschäftigt sind, hupt ein Auto. Dieter steigt aus und die beiden Männer stellen sich als Polizisten vor und ermahnen uns, vorsichtig zu sein. Es ist ok, dass wir hier stehen und sie heißen uns ausdrücklich willkommen. Sollte es Probleme geben, können wir die Nummer 593 wählen. Wir wollen hoffen, dass wir dazu nicht gezwungen sind!
Dienstag, 09.04.2019
Wir haben gut geschlafen und so können wir uns weiter auf den Weg Richtung Douz machen. Das ist gar nicht so einfach. Schon kurz nach unserem Übernachtungsplatz kommen wir in den Ort El Krib und der ist voll mit Leuten und Fahrzeugen, weil Markt ist. Wir müssen eine Umleitung fahren und die hat es in sich. Dieter hat seinen ersten Kratzer an der Kabine fabriziert und ist hell entsetzt. Um überhaupt noch weiter zu kommen musste er zunächst vorsichtig zurücksetzen und dann seitlich über einen Sandhaufen fahren. Das Manöver ist ihm wie immer bestens gelungen. Unser Ziel ist zunächst Thelepte, ein Ort kurz hinter Kasserine. Trotz der häufig mehr als maroden Straßen, auf denen man im Slalom um die z.T. großen Schlaglöcher fahren muss, kommen wir gut voran. Unterwegs halten wir in einem Ort und kaufen Tomaten, Knoblauch und Brot und stellen fest, dass vor uns noch nicht viele Touristen da gewesen sein können. Wir machen eine Mittagspause auf dem Seitenstreifen einer größeren Straße. Als wir fertig sind, kommt wieder mal die Polizei vorbei und erkundigt sich nach unserem Befinden. Wir sind willkommen und müssen unsere Pause nicht an der Straße machen sondern können überall hinfahren. Wir fahren weiter bis Gafsa und auf Empfehlung unserer App park4night finden wir den Campingplatz Galia. Ein Tor ist geöffnet und wir fahren hinein. Das Tor zum Campingplatz selbst ist geschlossen. Wir fragen, ob wir auf dem Parkplatz übernachten können und mithilfe von Handy Übersetzung und Chef am Telefon einigen wir uns auf 20 TD. Nun stehen wir hier umgeben von Palmen und einer Bougainvillea, sitzen das erste Mal in der Sonne, grillen unser Ochsenkotelett und die Aubergine. Wunderschön!!!
Freitag, 12.04.2019
Von hier geht es dann weiter bis Douz. Dieter findet auf Anhieb den Weg zum Desert Campingplatz.
Er ist überhaupt nicht so gut besucht wie bei unserem letzten Mal. Alles andere hat sich kaum verändert. Der Markt und vor allem der Viehmarkt präsentieren sich wie eh und je. Wir bleiben 2 Nächte, ich wasche Wäsche mal in der Waschmaschine, was ich demnächst nur noch machen werde, wenn sich die Gelegenheit bietet. Das ist einfach sehr komfortabel.
Ein paar Deutsche aus Bayern empfehlen uns bei unserer Fahrt zum Tem Baine bei Mohammed Bric zu essen. Wir müssen allerdings eine Zutat selbst mitbringen, den Thunfisch. Also gehen wir am Morgen noch einkaufen und dann geht es los.
Zunächst haben wir mühselig und nach mehreren Versuchen es geschafft, die Route – mal wieder von lila Pistenkuh – in unser Toughbook zu übertragen. Während der Fahrt wurde dann auch klar, dass der PC zum Tablet wird, wenn man ihn entsprechend anbringt. Während mir der Bildschirm vorher die Sicht nahm, liegt er nun flach in der Halterung. Es dauert ne Weile bis wir aus Douz herauskommen, aber dann fahren wir entlang der Route munter ins … - na ja Verderben wäre zu viel gesagt, aber.... So einfach wie in der Routenbeschreibung war es dann nicht. Was am meisten nervt sind die Rüttelpisten und ich hab mich wirklich zusammenreißen müssen, um nicht loszumeckern. So lassen wir uns durchrütteln bis wir zum ersten Dünenfeld kommen. Laut Beschreibung kein Problem aber Dieter sagt „es war fechfech.“ Und hier dauert es nicht lange bis wir im Sand stecken bleiben. Beim Versuch zurück zu setzen kommen wir schräg und ich bekomme richtig Angst, dass unser Iveco umkippt. Jetzt geht es los mit schaufeln und buddeln und Sandblechen. Wir schaffen es nicht. Aber da kommt die vermeintliche Rettung. Mindestens 10 Geländewagen mit Touristen fahren zunächst an uns vorbei, müssen sich einen neuen Weg suchen, halten dann aber und kommen uns zu Hilfe. Wir schaffen es auch mit ihrer Hilfe nur ein klein wenig aus dem Sand. Die Fahrer müssen weiter um die Touristen zum Camp zu bringen und versprechen uns, Hilfe zu holen. Also warten wir eine ganze Zeit lang bis Said, 27 Jahre, mit seinem alten Nissan-Pickup vorbei kommt. Er hält an. Kommt zu uns, schaut sich die ganze Sache an, erklärt Dieter, dass er noch mehr Luft ablassen muss – was der kaum glauben will – wir hatten schließlich schon auf 2 bar reduziert, nun aber auf 1 bar - und die Sandbleche an die Seite legen soll. Dann rückwärts die steile Düne hoch – und nun kommt der wichtigste Hinweis: es gibt einen Hebel, um die komplette Untersetzung einzulegen. Der muss zurück genommen werden und dann geht es los im ersten Gang mit einfacher Untersetzung. Auf diese Weise lernen wir unser neues Fahrzeug kennen! Und so schaukeln wir über die Dünen, Said hinter uns, bis Tem Baine zu Mohammed. Er spricht gut deutsch und wir bestellen sogleich Bric und Sandbrot. Ich, überglücklich dem Tod in der Wüste entronnen zu sein, bedanke mich bei Said mit dem Versuch einer Umarmung, die er nur schwer abwehren kann. Wir sind noch beim Essen als unsere Helfer zurückkommen, erstaunt, dass wir es auch ohne ihre Hilfe geschafft haben. So haben sie den Weg ganz umsonst gemacht. Wir zahlen ihnen einen kleinen Obolus, der wenigstens die Spritkosten deckt. Aber schließlich ist jeder froh, dass wir heile aus dem Sand gekommen sind. Nun befinden wir uns über 100 km südlich von Douz in der Sahara, etwa 100 km von Algerien und 200 km von Libyen entfernt.
Samstag, 13.04.2019
In der Nacht bin ich mehrmals aufgewacht und habe den Sternenhimmel angeschaut. Zwischen den Sternen habe ich etwas viereckiges blinken sehen. Was das wohl war? Nach dem Frühstück und Zähneputzen steht die Dusche unter Wasser. Wir stehen schräg nach vorne hin und so kann das Wasser aus dem kleinen Waschbecken offensichtlich nicht ablaufen. Wir müssen darauf achten, dass wir zukünftig eher nach hinten schräg stehen.
Hier bei Mohammed ist den ganzen Vormittag jede Menge los. Geländewagen kommen und gehen. Einige Fahrer kennen wir nun schon von gestern und ich habe jede Menge Kaffee gemacht. Mohammed hat uns den Weg zu einem Brunnen erklärt, den wir jedoch nicht gefunden haben und so haben wir lediglich eine Runde um den Tafelberg gemacht. Jetzt werde ich gleich kochen und Mohammed und ein Nomade aus Algerien werden mit uns essen.
Der Nomade brauchte nicht viel und auch Mohammed nicht. Beide müssen mit wenig auskommen, in jeder Beziehung. Und das sieht man ihnen auch an. Mohammed, ein Berber, erzählt, dass immer wieder arabische Führer mit Touristen kommen, die ihr Essen auspacken, trinken, die Tische belegen und dann wieder abhauen, ohne einen Dinar dazulassen. Das einzige, was sie dalassen ist Müll und den muss er dann entsorgen und nach Douz transportieren lassen. Seine Familie lebt in Douz und er ist teilweise hier und dann wieder ein paar Tage zuhause. Manchmal findet er bei seiner Rückkehr den Müll und Reste von einem Feuer vor der Tür seines Cafes.
Er erzählt auch, dass seit der Revolution die Touristen immer weniger wurden. Die Folge war der Verlust von Arbeitsplätzen - auch er hat seinen Arbeitsplatz in einem Hotel verloren – und am Ende haben die jungen Leute nicht mal mehr genug, um eine Familie zu gründen. Das bedeutet, es gibt weniger Kinder (was angesichts der knappen Arbeitsplätze nicht unbedingt ein Fehler ist). Und tatsächlich hatten wir auf der Fahrt den Eindruck, dass wir wesentlich weniger Kinder sehen als in Marokko. Sein Cafe hier in der Wüste betreibt er noch bis Ende April. Die Saison geht von Oktober bis Ende April/Anfang Mai. Dann geht er nach Hause und schaut nach Arbeit. Mal für eine oder zwei Wochen arbeitet er „im Garten“. Schließlich muss er seine Familie ernähren.
Hier in der Wüste prallen die verschiedenen Welten aufeinander. Europäer, Araber und eben Berber und Nomaden. Die Würde des Menschen ist unantastbar, so heißt es in unserem Grundgesetz. Nur, wie würdevoll gehen wir alle miteinander um? Wir wollten heute Abend für unser Abendessen, jedes Mal ein hervorragendes Bric, bezahlen, aber Mohammend meinte, am Abend bezahlt man nicht, nur am Tag. Wir sind gespannt, wie die Angelegenheit morgen ausgeht.
Montag, 15.04.2019
Wir bezahlen Mohamed mit 60 Dinar und ein paar Schuhen von Dieter und damit ist er zufrieden. Kurz bevor wir losfahren wollen, kommen die Motorradfahrer, die wir auf der Fähre kennengelernt haben, angebraust. Sie versichern uns, dass der direkte Weg nach Ksar Ghilane auch für uns machbar ist und wir nicht über Douz fahren müssen. Sie selbst fahren auch dorthin. Bis zum Cafe Park ist es kein Problem, weil wir ja die Route von der Herfahrt haben. Dort machen wir eine Pause, essen Couscous und fahren weiter, nachdem uns eine deutsche Familie versichert hat, dass der Weg total easy ist. Aber schon nach kurzer Zeit treffen wir auf eine Gabelung. Welche Richtung sollen wir einschlagen. Dieter meint links, ich meine rechts. Wir haben zwar die Koordinate von Ksar Ghilane, aber sonst nichts. Also warten wir bis der Pickup mit Touristen, die wir ebenfalls im Cafe getroffen haben, vorbeikommt und fahren hinterher. Die sind jedoch um einiges schneller als wir und nachdem wir etwas in der Kabine haben krachen hören, halten wir an. Schöne Bescherung! Ich habe vergessenen, die Schranktür mit dem Geschirr richtig zu verschließen. Der größte Teil ist herausgefallen. Ein Teller und Glas sind zerbrochen und so müssen erst mal die Scherben beseitigt werden. Da ist der Pickup natürlich schon über alle Berge. Aber die Spuren sind ja noch da. Ab und zu jedoch gibt es Spuren in verschiedene Richtungen. Nach vielen Kilometern über holprige Piste müssen wir wieder eine Entscheidung treffen. Das Schild zu einem Camp führt uns in die falsche Richtung. Nach ca. 5 km winken uns zwei Hirten oder Nomaden. Sie bitten um Wasser und schicken uns zurück, weil wir auf diesem Wege nicht sicher nach Ksar Ghilane kommen. Unterdessen arbeitet mein Gehirn auf Hochtouren und es gelingt mir, eine Route zu erstellen. Diese bietet nun immerhin einen Anhaltspunkt. Aber es fehlen eben die Routenpunkte, die notwendig sind, wenn eine bestimmte Richtung einzuschlagen ist. Ab dem Schild treffen wir die richtigen Entscheidungen bis wir an ein Dünenfeld kommen. Wir hatten zuvor schon einige Dünen mit dem inzwischen wieder höheren Reifenluftdruck überquert. Nun aber scheint es ratsam, die Luft wieder abzulassen. Nachdem Dieter den Weg angeschaut hat, geht es weiter. Und nun haben wir keine Wahl mehr. Wir müssen den Spuren folgen und können nur hoffen, dass sie uns ans Ziel führen. Inzwischen mit dem Iveco besser vertraut, schafft Dieter diese Dünendurchquerung problemlos. Hochachtung mischt sich mit der Hoffnung, dass möglichst bald alles vorbei ist und wir sicher ankommen. Aber es dauert noch eine ganze Weile bis wir den Routenpunkt auf der Karte sehen. Dieter will schon wieder Luft aufpumpen, weil ein Stück Piste kommt, als die nächsten Dünen auftauchen. Glücklicherweise hat er auf mich gehört und ist erst mal weiter gefahren. In der Ferne sehen wir die Festung und die Oase. Wir schaukeln über die Dünen Richtung Oase. Jetzt ist es richtig nett, weil sie einfach nicht so hoch sind. Und dann sehen wir das Camp, den Teich. Inzwischen sind aus den Zelten Steinhäuser geworden und es ist eine ganze Menge los. Japanische Touristen auf Dromedaren und Quads. Wir treffen die Motorradfahrer und suchen uns ein Plätzchen im Camp hinter dem Quelltopf. Sie erzählen, dass sie ihre geplante Tour abbrechen mussten, weil ein Motorrad defekt war. Auf dem Weg nach Ksar Ghilane ist einer der Geländewagen aufgrund eines Fahrfehlers in den Dünen umgekippt und auf dem Dach liegen geblieben. Zum Glück ist den Insassen nichts passiert. Das Fahrzeug hatte innen wie außen Überrollbügel.
Als wir Abendessen machen wollen erleben wir eine Überraschung. Die restlichen beiden Joghurtbecher sind durch das Geschüttel aufgeplatzt und haben ihren Inhalt im ganzen Kühlschrank verteilt. Also erst mal alles ausräumen und sauber machen. Eine echte Sauerei. Merke: fahr niemals mit Joghurtbechern im Kühlschrank durch die Wüste!
Trotz des Rummels am Abend ist die Nacht ruhig und wir nehmen am Morgen ein wohltuendes Bad im Quelltopf.
Am Mittag gehen wir zu dem Verkaufsstand, den wir vor 21 Jahren besucht haben und weil ich schon die ganze Zeit das Gefühl habe, dass der Verkäufer auch damals schon da war, zeige ich ihm die Fotos von damals. Er ist zu Tränen gerührt und kann es kaum fassen, nimmt uns beide ganz fest in den Arm und macht Fotos von uns dreien. Tatsächlich sind er und sein Kollege seit so langer Zeit immer noch hier. Erstaunlich, weil auch hierher kamen in den letzten Jahren immer weniger Touristen. Der Campingplatz Paradis muss wahrscheinlich nach dieser Saison schließen.
Am Abend essen wir eine Kleinigkeit und der Verkäufer zeigt uns Fotos aus seinem Dorf und der Umgebung. Danach gibt es noch ein bisschen Party mit den Bayern, die ein leckeres Gulasch gekocht und jede Menge Wein getrunken haben.
Bis hierher sind wir 255 km Offroad gefahren. So viel wie noch nie und so anspruchsvoll wie noch nie.
Dienstag, 16.04.2019
2 Tage mal nicht über Pisten ruckeln und über Dünen schaukeln ist sehr erholsam. Wir staunen über Thomas, einer der Motorradfahrer, und Handwerker durch und durch. Er erzählt die heißen Geschichten über seine Reisen und was er im Laufe der Zeit alles repariert hat. Auch heute kann er eine Kostprobe seines Könnens abliefern, als 2 Tunesier mit ihrer schrottreifen Kiste fragen, ob wir ihren Reifen aufpumpen können. Dieter merkt gleich, dass er ein Loch hat und in dem Moment schaut Thomas vorbei. Er ist begeistert von Dieters Reparaturset und macht sich sogleich ans Werk. In Nullkommanichts ist der Reifen geflickt und aufgepumpt und die Tunesier können losfahren. Später gehen wir noch miteinander essen und morgen verlassen wir diesen netten Ort. Es fällt mir zumindest nicht ganz so schwer, weil zeitweise echt die Hölle los ist mit Touristen, die im Teich baden, auf Kamelen reiten und Quad fahren. Zeitweise ist der Platz, auf dem wir stehen, voll mit Geländewagen.
Freitag, 19.04.2019
Nur mühselig finden wir am Mittwochmorgen den Weg aus der Oase, weil wir nicht über die Dünen sondern über die Pipeline-Piste fahren wollen. Der Weg nach Douz ist nun etwas einfacher. Die Teerstraße wird nur hin und wieder durch Baustellen unterbrochen und dann zur Piste. Wir erreichen Douz und staunen nicht schlecht über die inzwischen eingetroffenen Fahrzeuge. Einer österreichischen Familie, die wir in Ksar Ghilane getroffen hatten, ist der Geländewagen kaputt gegangen und sie haben alle Hände voll zu tun, die Rückreise zu organisieren.
Nach dem obligatorischen Besuch auf dem Viehmarkt gestern und diversen Einkäufen auf dem Gemüsemarkt verlassen wir heute Sophie und den Campingplatz Desert Club. Beshir, einer der Arbeiter dort, hatte uns am Morgen 2 von seiner Mutter gebackenen Fladenbrote auf den Tisch gelegt. Gemüse und Brot ist im übrigen so billig, dass wir oft gar nicht wissen, welche Münzen wir aus dem Geldbeutel holen sollen und ihn einfach nur hinhalten. Für uns unglaublich, für die Tunesier, die oft nicht mehr als 250 Euro verdienen, gerade angemessen, um zu überleben.
Bei kräftigem Wind fahren wir durch bizarre Berglandschaften Richtung Zarzis. Bei dem Weg aus der Wüste kann man kaum die Hand vor Augen sehen, wenn ein Fahrzeug vor einem fährt und eine riesige Staubwolke verbreitet. In den Bergen finden wir eine Wasserstelle und können wieder nachtanken. Zuvor jedoch wollte Dieter unbedingt in ein Bergdorf fahren. Schon am Anfang habe ich den Eindruck, dass er immer risikobereiter wird. Schon bald hat aber auch er gemerkt, dass wir da nicht weiter fahren können. Also hieß es „Wenden auf engstem Raum“. Dabei rutschte der Iveco im Rückwärtsgang leicht auf dem Schotter. Für mich sah es immer so aus, als ob es gleich den Abhang hinunter geht und entsprechend groß war meine Angst. Doch endlich kam die Übersetzung, die in der Wüste zu viel war, zum Einsatz und die Rutscherei hatte ein Ende.
Durch Zarzis sind wir schließlich nur durchgefahren, weil wir dort keinen geeigneten Standplatz gefunden haben. Nun haben wir kurz vor dem Damm, der auf die Insel Djerba führt, ein nettes Plätzchen am Strand gefunden und lassen uns vom Sturm schaukeln.
Samstag, 20.04.2019
In der Nacht wurde es mir schon manchmal mulmig, weil der Sturm laut und heftig war.
Den ersten Teil des Tages verbringen wir in Houmt Souk: ein Spaziergang durch den Souk, durch den wir natürlich nicht mehr so unbehelligt hindurch flanieren konnten, ein Besuch im Fischmarkt mit seinen auf Stühlen thronenden Verkäufern, und schließlich ein Mittagessen im Restaurant Essofra. Das Essen ist gut, die Bedienung freundlich und professionell. Die Umgebung sehr schön.
Danach sollte es weiter gehen zur Synagoge, aber die ist geschlossen, weil Sabat ist. Damit haben wir genügend Zeit, uns einen Platz an der Westküste zu suchen in der Hoffnung, dass es dort windstiller sein würde. Dieser Teil Djerbas ist vom Tourismus, jedenfalls dem europäischen, weitgehend verschont. Und der Wind hat auch nachgelassen. Ein schöner Platz direkt am Meer und wir zwei ganz allein. Morgen, am Ostersonntag, an dem auch das jüdische Passachfest gefeiert wird, wollen wir einen erneuten Versuch machen, die Synagoge zu besuchen.
Hier auf Djerba ist es um einiges aufgeräumter und damit weniger vermüllt als in den Landesteilen, die wir bisher gesehen haben. Und das beste ist, hier gibt es Sammelboxen für Plastikflaschen. Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Plastikmüll, der im Meer landet, ist zu einem großen Teil aus Tunesien, und aus Marokko und den angrenzenden Ländern. Es ist zum Verzweifeln.
Ach ja, Tanken ist auch noch so eine Geschichte. Wir bekommen problemlos schwefelarmen Diesel für unseren Euro6-Motor für 52 Cent. (Sans Souffre, lila Strich an der Tanksäule) Aber überall an der Straße wird Sprit aus Kanistern verkauft, der vermutlich aus Libyen hier her geschmuggelt und nun noch billiger verkauft wird. Hauptabnehmer sind Mopedfahrer, aber selbst LKWs haben wir dort tanken sehen. Von der Umweltverschmutzung beim Tanken wollen wir gar nicht reden. Was da alles im Boden verschwindet wollen wir gar nicht wissen.
Sonntag, 21.04.2019
Der zweite Abend mit einem Sonnenuntergang, den wir nicht sehen können, weil der Himmel staubverhangen ist. Und das an diesem wunderschönen Platz an der Westküste Djerbas. Heute morgen hat sich das Meer weit zurück gezogen. Wo gestern noch Wasser war, können wir heute im „Watt“ spazieren gehen. Es gibt viele offene Muscheln.
Zum zweiten Mal heute können wir die Synagoge nicht besuchen, weil sie geschlossen ist. Wir schlendern stattdessen über den Markt von Hara Sghira Er Riadh, dem Ort, wo sich auch die Synagoge befindet. Der Markt erstreckt sich an einer Straße bestimmt über einen Kilometer entlang Wir kaufen mal wieder zwei Doraden, die wir heute Abend am Strand grillen. Währenddessen kommt die Polizei vorbei und aufgrund der Erfahrung in anderen Ländern glauben wir, sie wollen uns vertreiben. Stattdessen fragen sie uns, ob alles ok ist, ob wir zufrieden sind, ob wir irgendetwas brauchen. Das ist eine völlig ungewohnte Erfahrung und ich hoffe, dass es keinen Grund geben wird, sich dermaßen Sorgen um uns zu machen. Bisher haben wir aber auch nur außerordentlich gute Erfahrungen mit den Menschen hier gemacht. Während wir über den Markt schlenderten machte uns z.B. ein älterer Herr darauf aufmerksam, dass ich mein Handy aus der Gesäßtasche nehmen soll, damit es nicht abhanden kommt. So fürsorglich!
Auch heute haben wir wieder gut gegessen, in einem Lokal in Midoun „Le Palmier....
Während wir so an unserem Strand sitzen philosophieren wir über die Arbeitslosigkeit, über die Möglichkeiten Arbeit zu schaffen, z.B. indem eine Müllentsorgung und -verwertung installiert wird. Es ist so schrecklich zu sehen, wie viel Plastik hier in der Gegend und unmittelbar ins Meer fliegt.
Der Wind hat sich heute Abend gelegt und wir hören das Meer rauschen. Hoffentlich bleibt es so!
Vor 21 Jahren habe ich mich über Leute lustig gemacht, die einen Staubsauger in ihrem Wohnmobil dabei hatten. Heute Abend konnte ich ihn gar nicht schnell genug in Betrieb bringen. Während wir ganz gemütlich beim Weine in unserem Iveco sitzen und uns über die frische Luft von oben und aus den Seitenfenstern freuen und einige wenige Blitze sehen, geht so schnell, wie wir es kaum erfassen können ein Sturm los, der uns so viel Sand ins Auto bläst, wie wir es noch niemals erlebt haben. Sogar ins Weinglas. Draußen ist es so warm, als hätte man einen Föhn eingeschaltet. Dieses Mal kommt der Wind von Westen und schaukelt uns mehr als je zuvor. Dazu leichter Regen. Und dann wieder Stille. Was kommt als nächstes? Und welches Fenster können wir heute Nacht öffnen? Für die Menschen, die hier leben, ist es nicht einfach und der Klimawandel wird es noch verschlimmern.
Montag, 22.04.2019
Die Nacht war ziemlich warm und heute Morgen habe ich so gut es geht den Iveco ausgesaugt und sauber gemacht. Inzwischen ist es wieder total staubig hier drinnen. Auf unserer Fahrt von Djerba nach Gabès hat es ordentlich gestürmt und den Sand und Staub durch die Gegend geblasen. Wir haben jetzt einen Platz am Strand mit Blick aufs tosende Meer. Aber schön ist was anderes.
Heute Morgen haben wir es endlich geschafft, die Synagoge zu besuchen und mit uns noch einige Busladungen voll. Wirklich gelohnt hat es sich meiner Meinung nach nicht. Wir hatten sie ja damals auch schon angeschaut. Verändert hat sich nur die Einlass-Prozedur. Wie am Flughafen müssen wir durch einen Scanner gehen. Zudem war es so warm, dass die Kopfbedeckung mir noch den Rest gegeben hat. Danach beschließen wir, unsere Reise Richtung Norden fortzusetzen. Dieses Mal fahren wir mit der Fähre von Ajim nach El Jorf. Sie kostet 3 TD und fährt ca. 18 Minuten. Trotz der Wartezeit ist das die bessere Variante Djerba zu verlassen. Bei diesem Wetter bin ich froh, dass wir unseren gemütlichen Iveco haben. Es macht einfach keinen Spaß am Meer entlang zu laufen, wenn dir der Sand ins Gesicht bläst.
Dienstag, 23.04.2019
Heute waren wir also in der Medina in Sfax. Wir hatten den idealen Parkplatz, trotzdem hatte ich Angst, dass unserem Iveco etwas zustoßen könnte. Aber alles war ok als wir nach einem Spaziergang durch das Gewusel der Altstadt und einem leckeren Essen wieder zurück kommen. Wir fahren weiter Richtung Norden meist an der Küste entlang und landen bei Ellouza am Strand. Wir fahren ein ganzes Stück am Strand entlang und finden einen wunderschönen Platz am Meer. Die Fischer legen hier ihre Netze aus und es ist die reine Idylle, aber der Schein trügt. Kurz bevor wir mit dem Abendessen beginnen, kommt die Garde Nationale vorbei und erkundigt sich nach unserem Wohlergehen. Auf unsere Frage hin bedeuten sie uns, dass wir hier stehen bleiben können und falls irgendetwas ist anrufen sollen. Ich fange an zu kochen und wir haben gerade mit dem Essen begonnen als ein Toyota Landcruiser mit 3 Beamten der Garde Nationale vorbeikommt und uns erklärt, dass hier Camping verboten ist. Schwer zu verstehen. Aber sie machen uns unmissverständlich klar, dass wir hier wegfahren sollen. Ich erkläre ihnen, dass wir noch zu Ende essen und dann wegfahren. Sie entfernen sich, warten aber in Sichtweite. Erst später wird uns klar, dass sie tatsächlich darauf warten, dass wir unseren Platz verlassen. Denn wenig später kommen sie zurück mit einem italienisch sprechenden Tunesier, Karim, der uns klar macht, dass wir uns wegen unserer Sicherheit woanders hinstellen sollen. Pro forma kontrollieren sie auch mal unsere Pässe und behandeln uns so unfreundlich, wie wir es die ganze Zeit in Tunesien nicht erlebt haben. Unser „Italiener“ geleitet uns zu einem sicheren Platz, erzählt, er sei Fischer und beschäftigt Leute trinkt 2 Bier, versichert uns seine Freundschaft und blabla....(Frau Italienerin, leben auf Elba, 3 Kinder) und nachdem ich dieses Gespräch beenden will, verlangt er Geld für Zigaretten. 5 Dinar reichen nicht, erst mit 10 gibt er sich zufrieden und verschwindet. Wie vor 21 Jahren!!! Oh wie mich das nervt!
Donnerstag, 25.04.2019
Dieser Vorfall hat dazu geführt, dass wir diesen Ort am Morgen möglichst schnell verlassen haben. Unser Weg führt uns weiter nach Norden und wir halten in Monastier und schauen uns die Festung El Ribat an. Danach geht es nach einer Mittagspause am Meer weiter bis Nabeul. Hier stehen wir nun auf dem Campingplatz Les Jasmin. Gleich gestern habe ich angefangen, unseren Iveco sauber zu machen. Heute haben wir geduscht, weil wir endlich auch mal Wasser nachladen können und haben ein wenig Wäsche gewaschen, so dass es bis daheim reicht. Am Nachmittag wagen wir uns mit dem Fahrrad in den Verkehr und ich bin so begeistert, weil ich so viel Rücksichtnahme nicht erwartet habe.
Neben uns auf dem Platz steht ein Paar mit einem alten Mercedes 207 D. Sie leben seit langen Jahren in Algerien und Klaus spricht wohl ganz gut arabisch. Er sieht aus wie ein langhaariger Altfreak und hat nach einem Studium als Ingenieur sich entschieden, das zu machen, was er möchte und sich mit verschiedenen Jobs durchgeschlagen. Heute ist er Philosoph, Lebenskünstler, Kräuterheiler. Seine Frau zeigt mir wie man Artischocken zubereitet und gleich morgen werden wir uns auf den Weg machen und einkaufen.
Montag, 29.04.2019
Nun haben wir die Nacht auf der Fähre nach Genua schon hinter uns. Bisher ist die Überfahrt sehr ruhig. Gerade haben wir den nördlichen Zipfel von Sardinien erreicht.
Das Einschiffen hingegen war weit weniger ruhig. Die Einfahrt in den Hafen, die Kontrollen von Pass und Autopapieren brauchte unheimlich viel Zeit. Von den vielen Beamten vor Ort wusste einer nicht, was der andere schon kontrolliert hatte. Auch die Fahrzeugkontrolle war sehr genau. Während wir in der Spur zur Auffahrt auf die Fähre standen, kam ein Italiener und erzählte, dass er gesehen habe, wie sich jemand unter unserem Auto zu schaffen machte. Wir sollten doch mal nachschauen, ob sich jemand darunter versteckt oder anderes, wie z.B. Drogen, deponiert hat. Dieter hat jedoch nichts gefunden. Dann an der Auffahrrampe noch mal Innenraumkontrolle und genaue Inspektion des Bodens. Schließlich konnten wir weiter fahren, ohne dass etwas gefunden wurde. Die Fähre fuhr dann mit ca. 2stündiger Verspätung los.
Die 4 Tage auf dem Campingplatz in Nabeul waren recht entspannend. Wir haben uns durch den Souk treiben lassen und jede Menge Schalen und Schälchen gekauft. Dieter hat mir eine Trommel geschenkt und ich habe mir eine Tasche aus Dromedarleder gekauft. Und dann haben wir tatsächlich Artischocken gekauft und zubereitet. Die Artischockenböden habe ich in eine Vinaigrette eingelegt und so hatten wir noch ein leckeres Mittagessen bei der Fahrt nach La Goulette.
Claus hatte uns erzählt, dass das Wasser vom Abkochen gut für die Leber sei. Überhaupt hat er uns mit einigen Informationen über natürliche Heilmittel versorgt. Z.B. sei das Bohnenwasser gut für Diabetiker und senkt den Blutzucker. Dann hat er am Schluss noch ein anderes Mittel empfohlen: Schisandra. Man kann es übers Internet bestellen.
Inzwischen hat er uns auch Bilder von seinem Haus in Algerien gezeigt und uns eingeladen ihn und Khaddija zu besuchen. Dieter ist natürlich Feuer und Flamme.
Zusammenfassend kann man sagen, dass es sich lohnt, Tunesien zu besuchen. Die Menschen sind sehr freundlich und hilfsbereit und gleichzeitig zurückhaltend. Vor allem auch die Kinder sind nicht annähernd so aufdringlich wie in Marokko.
Nahrungsmittel und Sprit sind sehr billig. Wenn nur der viele Müll nicht wäre! Man kann oft richtig sauer werden, wenn man die schöne Landschaft voller Plastikflaschen und -tüten sieht. Nur vereinzelt und vor allem im Norden erkennt man Bemühungen das in den Griff zu kriegen.
Landschaftlich gibt es eine große Vielfalt: Berge, Wüste, endlose Strände, grüne und fruchtbare Gegenden im Norden. Auch wenn es nicht viele offizielle Plätze gibt, findet man doch immer wieder schöne Stellplätze.
Dienstag, 30.04.2019
Die Fahrt mit der Fähre war so ruhig wie man es sich nur wünschen kann. Die Ausfahrt dann um so chaotischer. Jeder will beim Hinausfahren der erste sein und die Beamten im Hafen sind nicht in der Lage das ganze zu regulieren. Aber wie immer geht es dann doch und die Kontrolle durch die Grenzpolizei war schnell erledigt. Einen Platz zum Übernachten hatten wir schon ausgesucht und so machen wir uns auf den Weg nach Santa Margherita Ligure, wo es einen Stellplatz auf einem kommunalen Parkplatz geben soll. Zuerst macht auch die Fahrt im Dunkeln keine Probleme, weil wir auf der Autobahn fahren. Die Abfahrt Rapallo mit Ziel Santa Margherita war auch kein Problem. Aber im Städtchen angekommen führt uns unser Navi durch die engsten Gassen. Wir haben keine Wahl, weil wir es nicht besser wissen. Kommen endlich aus einer der engen Straßen hinaus, die eigentlich nur der Iveco fahren kann (mit MAN wären wir mit Sicherheit irgendwo stecken geblieben bzw. gar nicht so weit gefahren) und ich sehe gerade noch aus dem Augenwinkel, dass wir aus der Richtung kommen, in die wir eigentlich wollen. Wir denken daran umzudrehen, aber das ist gar nicht so einfach. Also folgen wir der Straße Kurve um Kurve bis es endlich eine Möglichkeit gibt, überhaupt eine Entscheidung zu treffen. Es ist bald 23 Uhr und wir beschließen zurückzufahren und unser Navi zu ignorieren und unseren verbliebenen Menschenverstand einzuschalten. Das hat sich bewährt und wir erreichen unser Ziel. Kein idyllischer Platz (wir haben das Gefühl, dass der Zug direkt neben uns fährt, und am Ende befindet sich ein Umspannwerk, das ziemlich laut brummt) aber er ist Ausgangspunkt für einen Besuch der Stadt zum Einkaufen, was wir natürlich ausgiebig gemacht haben (neben Lebensmittel auch leckeren offenen Wein), und einen Besuch von Portofino mit dem Fahrrad. Auch wenn die Fahrt nicht annähernd so entspannt war, wie in Nabeul sind wir froh, die Räder zu haben und uns auf diese Weise fortbewegen zu können. Zuvor jedoch war Dieter mit seiner Fachkenntnis gefragt. Der Nachbar mit einem ziemlich alten und heruntergekommenen Wohnmobil war das erste Mal damit unterwegs und hatte Schwierigkeiten mit der Stromversorgung bzw. er hatte von nichts eine Ahnung. Er hat Dieter den Autoschlüssel in die Hand gedrückt nach dem Motto „mach Du mal“. Mit seinem Sachverstand hat Dieter schnell herausgefunden, dass der Hauptschalter im Motorraum nicht eingeschaltet war und nachdem dieses Problem behoben war, funktionierte auch die Stromversorgung. Überglücklich spendiert der Nachbar eine Flasche Wein.
Aufgrund unserer Erfahrungen, sei es in der Wüste, in engen Bergstrecken oder kleinen Dörfern, zeichnet es sich immer mehr ab, dass es der Iveco sein wird, den wir behalten werden. Er ist auch mit Wohnmobilaufbau für die engen Straßen Italiens geeignet. Na ja, und in der Wüste hat er seine Qualitäten ja hinlänglich bewiesen.
Armer Dieter: von einer seiner „Schöpfungen“ wird er sich verabschieden müssen. Für mich ist es da einfacher. Der Iveco ist, auch wenn er etwas kleiner im Innenraum ist, mein Favorit. Auch wenn ich durch diese engen Straßen nicht unbedingt fahren möchte, weiß ich doch, dass ich ihn fahren kann. So breit sind die Straßen auf der Alb ja auch nicht und da bin ich immerhin schon gefahren.
Mittwoch, 01.05.2019
Heute Morgen geht es weiter. Dieses Mal lassen wir das Navi zunächst aus und richten uns nach der Beschilderung. Wir fahren Richtung Genua über Rapallo. Dort kommt ein Schild rechts Richtung Autobahn nach La Spezia, links Richtung Genua. Wir fahren natürlich Richtung Genua und kommen prompt wieder da an, wo wir in der Nacht unserer Ankunft umgedreht haben. Bei Tage ist diese kurvenreiche Strecke natürlich viel einfacher zu befahren und wir bestaunen bella Italia. Nach dieser kleinen Extrarundreise schaffen wir es ziemlich entspannt bis zum Bodensee. In der Schweiz machen wir Mittagspause und werden bei der Einfahrt zum Parkplatz von der Polizei kontrolliert. Das ist das erste Mal, dass wir unser Schwerverkehrsabgabe-Formular vorzeigen müssen. Das Wetter ist die ganze Zeit über super und selbst am Bodensee ist es noch angenehm warm, jedenfalls bis Sonnenuntergang.